Ex-Bundespräsident Horst Köhler meldet sich zurück im Hörsaal. Er nahm seine Arbeit als Honorarprofessor der Uni Tübingen auf - mit Vorschlägen zur Reform des internationalen Währungssystems - Südwest Presse Online
Tübingen: Vorne in der ersten Reihe saßen Leute aus Mönchberg. Kaum hatte Horst Köhler sie erkannt, ging ein Strahlen über sein Gesicht. Jedem einzelnen drückte er die Hand. Lauter liebe Mitbürger aus der Zeit, als Köhler in Mönchberg am Schönbuchrand wohnte und in Tübingen als Assistent am Institut für Angewandte Wirtschaftswissenschaften arbeitete. Jetzt waren sie da, um Köhlers ersten Vortrag nach seinem Rücktritt als Bundespräsident an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät zu hören. Zwar ist Köhler schon seit 2003 Honorarprofessor an der Uni Tübingen. Als Präsident hatte er freilich keine Zeit, akademischen Pflichten zu erfüllen.
Das soll nun ganz anders werden. Er will "regelmäßiger" hier sein, hat er sich vorgenommen, um "Erfahrungen, die ich auf meinem Berufsweg gesammelt habe, mit Studentinnen und Studenten zu teilen". Und er sagte zu, Vorlesungen zu halten und mit den Studierenden zu diskutieren - auch über "Fehler im Berufsleben". Ob er damit seine eigenen meinte, blieb offen.
Die Zuhörer im voll belegten Audimax hatten das Gefühl, ganz aktuell am Geschehen zu sein. Es gab Informationen aus erster Hand. Denn Köhler berichtete ausführlich über die Palais-Royale-Initiative, jener Gruppe von 18 internationalen Währungsexperten, die sich im gleichnamigen Sitz der französischen Notenbank trifft. Die Gruppe, zu der Köhler gehört, hat erst vergangenen Freitag dem derzeitigen Vorsitzenden der G20-Staaten, Nicolas Sarkozy, ein Papier mit Vorschlägen zur Reform des internationalen Währungssystem übergeben.
Einfach weiter durchwursteln verbietet sich laut Köhler. Als wichtigste Konsequenz schlug die Gruppe eine wirksamere Überwachung der Wirtschafts- und Finanzpolitiken der Staaten durch den Internationalen Währungsfonds vor. Daneben sollten die G20-Staaten eine neue Form der Steuerung (Governance) des Währungssystems installieren. Die grobe Richtung lautet so: Weg vom Pump-, hin zum Sparkapitalismus.
Der US-Dollar wird Köhler zufolge seine Stellung als einzige Leitwährung verlieren. Deshalb erwartet er schon zu Beginn des nächsten Jahrzehnts ein multipolares Währungssystem mit den Hauptwährungen Dollar, Euro und dem chinesischen Renminbi. Der Euro werde noch zulegen, behauptete er und wandte sich dabei mit einem Lächeln direkt an den Euro-Skeptiker Joachim Starbatty in der zweiten Reihe. Der sorgt für den einzigen Zwischenruf des Abends: "Ihr Wort in Gottes Ohr."
Professor Starbatty hat am Ende fünf Seiten mitgeschrieben. Er hegt Zweifel an Köhlers Zuversicht und fragt: "Wie soll Global Governance funktionieren, wenn wir nicht mal mit dem Euro klar kommen?" Doch dem Währungsfachmann Köhler zollt er Respekt: "Er macht Vorlesungen, die wir hier nicht mehr hören."
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