Mittwoch, 18. August 2010

ARD Morgenmagazin - Servicethema Zuschläge bei Ratenzahlung

ARD Morgenmagazin - Servicethema vom 18.08.2010 - Zuschläge bei Ratenzahlung von Lebensversicherungen

Rückschau – Servicethema vom 18.08.2010:
Zuschläge bei Ratenzahlung von Lebensversicherungen

Experte im Studio: Jürgen Stellpflug, Chefredakteur Öko-Test

* Video aus der Sendung
(Länge: 3:39 min.)

Wer Versicherungen, bei denen die Prämie im Voraus fällig wird – z.B. Lebens- und Sachversicherungen – in Teilbeträgen oder monatlichen Raten zahlt, muss mit erheblichen Zuschlägen rechnen. Diese sind nach Meinung von Verbraucherschützern unklar, weil sie nicht als effektiver Jahreszins angegeben werden. Der Bundesgerichtshof wollte dem, aller Voraussicht nach, zustimmen. Bisher kam er aber nicht dazu, weil der Versicherer, den die Verbraucherschützer exemplarisch verklagten, kurz vor dem BGH-Spruch klein beigab und das Urteil des Landgerichtes Bamberg akzeptierte. Für Riester-Verträge nennt dieses Unternehmen nun den effektiven Jahreszins. Der Streit mit anderen Versicherern geht bis zu einem endgültigen BGH-Urteil weiter.

Fehlt die Angabe des effektiven Jahreszinses, ist nach Meinung von Verbraucherschützern, Juristen und Gerichten ein Zinssatz von vier Prozent akzeptabel. Daher können Kunden zuviel bezahlte Ratenzahlungszuschläge teilweise zurückfordern und den Versicherer zur Neuberechnung der Prämie auffordern, wenn der effektive Jahreszins nicht angegeben ist.

Die Zeitschrift Öko-Test hat in ihrer aktuellen Ausgabe überprüft, welche Versicherungen Ratenzuschläge erheben und was sie wirklich kosten. Die untersuchten Versicherer mit Marktführer Allianz und den Konzernen Ergo, HDI-Gerling, Zurich und HUK-Coburg repräsentieren über 60 Prozent des Marktes in der Lebens- und über 70 Prozent in der Schadenversicherung. Dass das Thema für die Versicherer höchst unangenehm ist, zeigt die hohe Verweigerungsquote: 15 Versicherer, also mehr als die Hälfte, wollten nicht an der Untersuchung teilnehmen.


Versicherungsbeiträge neu berechnen lassen
Fast alle Versicherer haben inzwischen bei neuen Verträgen ihre Versicherungsbedingungen umgestellt. Für alte Verträge können Kunden einen Großteil der Zuschläge zurückfordern. Beispiel: Hat ein Kunde 1.200 Euro gezahlt und lag der Effektivzins bei rund 14 Prozent, könnte er – falls die Gerichte bei ihrer derzeitigen Meinung bleiben – alles über dem gesetzlichen Zins von vier Prozent zurückerhalten, hier also pro Vertragsjahr 43 Euro. Bei einer Laufzeit des Vertrages von drei Jahren wären das knapp 130 Euro und bei zehn Jahren sogar über 400 Euro. Beachten müssten die Kunden
aber, dass eine Rückzahlung von Ratenzuschlägen überhaupt nur dann möglich wäre, wenn der Jahresbeitrag nicht unter die Bagatellgrenze von 200 Euro fiele. Er müsste also höher liegen. Das dürfte auf die private Haftpflicht wohl nie, auf die Hausrat- und die Unfallversicherung höchstens in jedem zweiten Fall zutreffen. Demgegenüber dürften Lebensversicherte, Auto- und Hausbesitzer fast immer einen Anspruch haben – falls die Gerichte die alte Praxis endgültig als rechtswidrig ansähen.


Geld zurück von der Versicherung
Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale Hamburg führt die fehlende Effektivzinsangabe sogar zu einem Widerrufsrecht durch den Kunden bezüglich des Versicherungsvertrages. Dies hätte weitreichende Folgen – Versicherungskunden könnten Verträge auch noch nach Jahren widerrufen und Rückabwicklung verlangen. Allerdings könnten nur solche Verträge widerrufen werden, die nach der Schuldrechtsreform (Vertragsbeginn ab 1. Januar 2002) geschlossen wurden. In jedem Fall aber können die Versicherungskunden eine Anpassung ihres Zinses auf den gesetzlichen Zinssatz von vier Prozent fordern – und zwar über Jahre rückwirkend. Dies gilt für Verträge, die 1991 oder später abgeschlossen wurden. Damals trat nämlich das Verbraucherkreditgesetz in Kraft mit der Verpflichtung zur Angabe des Effektivzinssatzes.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat ein Musterschreiben mit umfangreichen Zusatzinformationen bereitgestellt. Damit können Sie ihre Forderungen gegenüber der Versicherung geltend machen.


Die Versicherungen lehnen ab
Die meisten Versicherungen weisen die Forderungen ihrer Kunden zurück. Sie argumentieren, dass es keine Entscheidung des Bundesgerichtshofes gab, bei der ein Sachurteil gefällt worden wäre, welches alle deutschen Versicherer zur Angabe eines Effektivzinses bei Ratenzahlungszuschlägen verpflichten würde. Mit seinem Spruch vom 29.07.2009 – Aktenzeichen I ZR 22/07 – habe der BGH lediglich darauf hingewiesen, dass die HUK-Coburg das Urteil des Landgerichtes Bamberg anerkannt habe. Der spezielle Einzelfall könne nicht auf den Markt übertragen werden. Die Verbraucherzentralen führen diverse Verbandsklagen gegen die einzelnen Versicherungsunternehmen. Verlaufen diese im Sinne des Verbrauchers können sie ihre Ansprüche sofort geltend machen, sofern sie diese bereits schriftlich angemeldet haben. Es lohnt sich also in jedem Fall seine Versicherung anzuschreiben!


Tipp:
Wenn Sie den Betrag aufbringen können, stellen Sie Ihren Versicherungsvertrag auf jährliche Zahlungsweise um, dann fallen keine Zinsen an. Die jährliche Zahlung ist daher auf jeden Fall günstiger und Sie bekommen am Ende unter dem Strich mehr für Ihr Geld!

Ein Beispiel: Zahlt ein 35 jähriger Mann 25 Jahre lang seine Lebensversicherung mit einem Jahresbeitrag von 1.200 Euro, statt 100 Euro monatlich; erwirtschaftet er am Ende der Laufzeit 3.000 Euro mehr Geld!


Weitere Links zum Thema

* Geld zurück von der Versicherung

* Musterbrief der Verbraucherzentralen
* Der Ombudsmann für Versicherungen

Dieser Text informiert über den Servicebeitrag vom 18.08.2010. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

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