Die heutige Antrittsrede von Bundespräsident Christian Wulff war nach Ansicht des Präsidenten des Verbands der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS), Dr. Vazrik Bazil, "wohltemperiert". "Es war eine ordentliche Rede, aber keine herausragende Rede", so Bazil. Der neue Bundespräsident hat es demnach an kernigen und strittigen Themen mangeln lassen, was allerdings in einer Antrittsrede nicht ungewöhnlich ist.
Das Wort eines Bundespräsidenten muss nach Ansicht von Vazrik Bazil "Kitt unserer Gesellschaft" sein. "Es soll uns wach halten und, wenn nötig, auch wach rütteln." Wulff hatte in seiner Rede die Begeisterung in Erinnerung gerufen, die der von den Künstlern Christo und Jean Claude vor 15 Jahren verhüllte Reichstag hervorgerufen hatte. Sie hätten damit ein "Gemeinschaftsgefühl" geweckt. "Gerade in Zeiten des Umbruchs dient eine solche Formulierung der Orientierung und Selbstvergewisserung des Landes", so Vazrik Bazil.
Wulff sprach von "unendlich vielen Erfolgsgeschichten" in Deutschland und mahnte "gleichgute Bildungschancen unabhängig von Herkunft und Wohlstand" an. Als Zeichen dafür, wie wichtig ihm die Themen Integration und Zusammenwachsen seien, bezeichnete Wulff die Bundesrepublik als "bunte Republik Deutschland". Wulff lobte das Engagement von jungen und alten Menschen in Initiativen, Verbänden und Vereinen, verteidigte die Arbeit der Parteien und rief dazu auf mehr Menschen "für Aufgaben der politischen Selbstbestimmung zu begeistern". "Das waren schöne und freundliche Worte, die aber letztlich an der Oberfläche blieben", so Vazrik Bazil.
Nach dem Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler war viel über die Macht des Wortes gesprochen worden, die ein Bundespräsident hat. Und darüber, ob und wie er sein wichtigstes Machtinstrument nutzt. Vor diesem Hintergrund werden die Reden des neuen Bundespräsidenten mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, insbesondere ob sie klar, verständlich und glaubwürdig sind.
Vazrik Bazil hat in den Bundestags-Wahlkämpfen 2002 und 2009 die Reden deutscher Spitzenpolitiker analysiert. Er ist seit Mai dieses Jahres neuer Präsident des VRdS. Dem Verband gehören rund 460 Redenschreiber und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an. Sie entwerfen Reden und Publikationen im Auftrag Dritter, bereiten Präsentationen vor und beraten Redner in Politik, Wirtschaft und Kultur.
Weitere Informationen:
Verband der Redenschreiber deutscher Sprache
Claudius Kroker, Pressesprecher
Kapitelshof 26
53229 Bonn
Telefon (0228) 4107721
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