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Der Kandidat von Union und FDP für das Amt des Bundespräsidenten, Christian Wulff, hat den Parteien geraten, sich stärker für die Bürger zu öffnen und stärker den Diskurs mit modernen Kommunikationsformen zu suchen. "Hier kann viel verändert werden", sagte Wulff in einem Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. "Die Zukunft können wir nur im Miteinander von Bürgern und Parteien gestalten, nicht in einem Gegeneinander."
Das vollständige Interview im Wortlaut:
Hannoversche Allgemeine Zeitung: Herr Ministerpräsident, Sie haben sich gerade ein Glas Fruchtsaft eingeschenkt. Es heißt, sie ließen den Abend am liebsten mit einem Glas Bananensaft ausklingen. Können wir daraus ableiten, dass Bananensaft das neue Nationalgetränk wird, wenn Sie Bundespräsident werden?
Christian Wulff: Nein, daraus können andere gar nichts ableiten. Ich werde auch künftig hin und wieder zugreifen.
HAZ: Das klingt jetzt sehr vorsichtig. Wie staatstragend muss ein Bundespräsident sein?
Wulff: Ein Bundespräsident muss seine Worte abwägen und damit der Würde des Amtes Rechnung tragen. Gleichwohl hoffe ich, meinen Humor weiter zum Ausdruck bringen zu können. Schließlich komme ich aus Niedersachsen - das ist die Heimat großer Humoristen, von Wilhelm Busch, Baron von Münchhausen, Otto Waalkes und Karl Dall.
HAZ: Das heißt, Sie streben eine heitere Präsidentschaft an ...
Wulff: Nein, aber ich möchte mir meine heitere Seite erhalten. Diese Wahl zum Bundespräsidenten hat wirklich ihre Besonderheiten. Die bisherigen Bundespräsidenten zum Beispiel hatten zwischen ihrer Nominierung Anfang des Jahres, ihrer Wahl im Mai und ihrem Amtsantritt im Juli Zeit, sich Gedanken über ihre Grundsatzrede zu machen. Der nächste Bundespräsident wird am 2. Juli nach der Vereidigung reden - und das, obwohl wir alle doch erst seit drei Wochen wissen, dass Horst Köhler zurückgetreten ist.
HAZ: Erscheint Ihnen die Wahl auch als besonders wegen der zugespitzten Debatte, ob nicht eher der parteilose Gauck statt des Politikers Wulff ins Schloß Bellevue ziehen sollte?
HAZ: Wenn es weniger politische Meinungsverschiedenheiten gibt, sind es dann die Stilfragen, die diesen Kampf ums Präsidentenamt prägen?
Wulff: Das glaube ich nicht. Dass Parteien versuchen, im anderen Lager der Bundesversammlung Stimmen zu locken, ist nichts Ungewöhnliches. So etwas haben CDU und FDP vor Jahren mit der Nominierung von Dagmar Schipanski versucht, sie wollten damit gerade Stimmen von Frauen aus dem Lager von SPD und Grünen zu sich herüberziehen. Ein solches Verhalten ist völlig legitim. Ungewöhnlich ist diesmal nur, dass wir erstmals einen parteilosen Kandidaten haben. Alle bisherigen Bundespräsidenten waren in politischer Verantwortung, acht von neun sogar in hohen Staatsämtern. Nun wird die personelle Alternative überlagert von der Antiparteienstimmung und der Politikverdrossenheit. Aber die Haltung, es gebe die gute und parteilose Kandidatur hier und die schlechte parteipolitische dort, teile ich nicht.
Wulff: Ich rate den Parteien, sich stärker für die Bürger zu öffnen, stärker den Diskurs mit modernen Kommunikationsformen zu suchen, Bürgerinitiativen und Interessengruppen in ihren Reihen mehr Raum zu geben. Hier kann viel verändert werden. Grundsätzlich halte ich viel davon, dass die politische Willensbildung weiterhin stark über die Parteien ausgetragen wird. Sie sind und bleiben die Transmissionsriemen für das, was im vorpolitischen Raum stattfindet. Sie sorgen dafür, dass auch schwierige Entscheidungen für den Bürger transparent werden. Die Parteien tragen verschiedene Interessen zusammen und formen daraus ihre Positionen, sie führen unterschiedliche Ansichten zusammen - im Sinne des Gemeinwohls.
Wulff: Wir brauchen das Engagement von Hunderttausenden in der Politik, die ihre Zeit opfern, um ganz grundlegende Fragen zu klären: Wo entsteht das Gewerbegebiet, wo kommt die Abfalldeponie hin, wo wird die Bushaltestelle eingerichtet, und wie wird der Katastrophenschutz organisiert? Meiner Tochter habe ich früher gesagt: Wenn jemand im Kindergarten darüber lästert, dass dein Vater Politiker ist, dann antworte selbstbewusst: "Ja, der sorgt dafür, dass wir hier einen Kindergarten haben. Darauf bin ich stolz, das finde ich toll." Ich finde, die Parteien sollen sich nicht auch noch entschuldigen dafür, dass es sie gibt.
"Wir brauchen das Engagement von Hunderttausenden in der Politik"
Wulff: Ich würde es eher mangelnde Selbstachtung nennen. Wir brauchen ein positives Ansehen der Parteien. Die Politiker dürfen keine falschen Erwartungen wecken und müssen spüren, dass sich die Gesellschaft verändert. Aber die Zukunft können wir nur im Miteinander von Bürgern und Parteien gestalten, nicht in einem Gegeneinander.
Wulff: Nein. Es ist eine Botschaft von vielen. Ich möchte vor allem gern ausführen und begründen, dass wir alle Menschen bei uns integrieren - gleich welche Hautfarbe, welches Handicap, welche Herkunft und welche Religion sie haben. Das muss auch in den Stadtteilen gelebt werden. Es gibt nicht nur eine Bringschuld von Migranten, einen guten Abschluss zu liefern, sondern auch eine Holschuld der Personalchefs von Unternehmen, Menschen mit fremd klingendem Namen eine Chance zu geben. In Istanbul gibt es einen Stammtisch türkischstämmiger Deutscher, die nur deshalb in die Türkei gezogen sind, weil sie trotz guter beruflicher Qualifikation hierzulande keine Chance bekommen haben. Aus einer Untersuchung geht hervor, dass Bewerber mit fremden Namen eine viel geringere Chance haben als solche mit deutschen Namen, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Das müssen wir ändern.
HAZ: Ist diese Bundespräsidentenwahl ein Test für die Stabilität der schwarz-gelben Bundesregierung?
HAZ: Man sagt Ihnen nach, sie seien zu brav und freundlich im Umgang mit den Führungsfiguren Ihrer Partei ...
HAZ: Wie könnte Ihre neue Rolle aussehen?
Wulff: Ich möchte auch Sprachrohr der Bürger sein, die Kritik an den Verhältnissen ausdrücken und diese klar artikulieren: eben zurückhaltend und entschlossen.
HAZ: Auch ein Staatsmann hat, hoffen wir, noch Träume. Wen möchten Sie, sofern Sie gewählt werden, als Staatsoberhaupt unbedingt treffen? Was ist Ihr Traum?
HAZ: Ein Bundespräsident wird auf Lebenszeit gut bezahlt ...
HAZ: Manche Länder haben eine Monarchie. Ist das nicht auch ein Vorteil?
HAZ: Vor allem aus intellektuellen Kreisen wird eine Präferenz für Joachim Gauck geäußert. Wie würden Sie als Bundespräsident auf die Intellektuellen zugehen?
HAZ: Was hätten wir in diesem Jahr von einem Bundespräsidenten Wulff zu erwarten - etwa zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit?
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